Notar Michael Koenig
Vollmacht
   

 

Vollmacht

 

Vollmacht allgemein

Vollmacht ist die durch (einseitiges) Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (§ 166 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Vollmacht wird durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll, erteilt (§ 167 Abs. 1 BGB). Die Kundgabe einer intern erteilten Vollmacht gegenüber bestimmten Personen oder durch öffentliche Bekanntmachung wird der Vollmachtserteilung gleichgestellt (§ 171 Abs. 1 BGB). Der Kundgabe wird es gleichgestellt, wenn der Vollmachtgeber dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt.

Grundsätzlich ist jede Vollmacht frei widerruflich (§ 168 S. 2 BGB). Allerdings kann in dem der Vollmacht zugrunde liegenden Rechtsverhältnis etwas anderes vereinbart werden, wenn hierfür ein besonderer Rechtfertigungsgrund (z.B. ein anerkennenswertes Eigeninteresse des Bevollmächtigten an der Bevollmächtigung) vorliegt.

Allerdings bleibt die Vertretungsmacht trotz Widerrufs in bestimmten Fällen bestehen: Wurde die Vollmacht durch Erklärung gegenüber einem Dritten erteilt, so bleibt sie diesem gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen vom Vollmachtgeber angezeigt wird (§ 170 BGB). Wurde die Vollmachtserteilung kundgegeben, so bleibt die Vertretungsmacht bestehen, bis die Kundgebung in derselben Weise widerrufen wird, wie sie erfolgt ist (§ 171 Abs. 2 BGB). Die Vertretungsmacht eines Bevollmächtigten, der eine Vollmachtsurkunde hat, bleibt bestehen, bis die Vollmachtsurkunde zurückgegeben oder für kraftlos erklärt wird (§ 172 Abs. 2 BGB). Die zitierten Vorschriften finden allerdings dann keine Anwendung, wenn der Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht kannte oder fahrlässig nicht kannte (§§ 173, 122 Abs. 2 BGB).

Grundsätzlich bedarf die Vollmacht nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form (§ 167 Abs. 2 BGB). Das Gesetz selbst enthält einige Ausnahmen. So bedarf z.B. die Unterzeichnung eines Gesellschaftsvertrages zur Gründung einer GmbH einer notariell errichteten oder beglaubigten Vollmacht (§ 2 Abs. 2 GmbHG). Auch die Vollmacht zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages muss - wenn es sich nicht um eine Prozessvollmacht handelt - schriftlich abgefasst sein oder notariell beurkundet werden (§ 492 Abs. 4 BGB).
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass eine mündlich oder privatschriftlich erteilte Vollmacht zwar wirksam sein kann, aber nicht zum gewünschten Ziel führen wird: So sollen z.B. Eintragungen ins Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die Voraussetzungen der Eintragung durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden (§ 29 Abs. 1 GBO). Eine Vollmacht erkennt das Grundbuchamt daher nur an, wenn sie öffentlich beurkundet oder beglaubigt ist. Auch Banken verlangen in aller Regel eine notarielle Vollmacht oder eine bei ihnen unterzeichnete spezielle Bankvollmacht.
Fast wichtiger als die gesetzlichen Ausnahmen von der Formfreiheit sind jedoch die Ausnahmen, die die Rechtsprechung von diesem Grundsatz in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, weil die Formfreiheit dem Schutzzweck zahlreicher Formvorschriften des BGB widerspricht. So sieht z.B. § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB vor, dass ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung bedarf. Der mit der genannten Vorschrift verbundene Schutzzweck würde unterlaufen, wenn eine Grundstücksveräußerungs- oder -erwerbsvollmacht formlos erteilt werden könnte, obwohl mit der Vollmachtserteilung bereits eine Bindung des Vollmachtgebers verbunden ist. Der Bundesgerichtshof nimmt daher in ständiger Rechtsprechung an, dass eine Grundstücksveräußerungs- oder -erwerbsvollmacht und das zugrunde liegende Rechtsgeschäft notariell beurkundet werden müssen, wenn die Vollmacht unwiderruflich ist oder wenn in anderer Weise bereits eine Bindung des Vollmachtgebers herbeigeführt wird (z.B. durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe). Auch die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) kann den Formzwang auslösen. Es würde allerdings den Rahmen dieser Informationsseiten sprengen, alle von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmen hier aufzulisten.

Die Vollmacht kann sich darauf beschränken, dem Bevollmächtigten Vertretungsmacht für genau zu bestimmende Rechtsgeschäfte (z.B. Veräußerung eines bestimmten Grundstückes) zu verschaffen. In diesem Fall handelt es sich um eine Spezialvollmacht. Wird der Vertreter bevollmächtigt, den Vollmachtgeber umfassend, soweit dies gesetzlich zulässig ist, zu vertreten, spricht man von einer Generalvollmacht.

Vorsorgevollmacht

(Paragraphenangaben beziehen sich auf die ab dem 01.01.2023 geltende Gesetzesfassung)

Die so genannte Vorsorgevollmacht kann sowohl für die Vermögenssorge als auch für die Gesundheitssorge erteilt werden. Letzteres ist seit in Kraft treten des ersten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes nicht mehr zweifelhaft, weil die Vollmacht in Gesundheitsangelegenheiten in den §§ 1820 und 1831 Abs. 5 BGB mittelbar vom Gesetzgeber anerkannt worden ist. Die Vermögenssorge betrifft die Vertretung in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten (Generalvollmacht) oder nur für einzelne Geschäfte oder für einen bestimmten Kreis von Geschäften. Die Entscheidung, wie weit diese Vermögensvollmacht reichen soll, trifft allein der Vollmachtgeber. Dieser muss sich nur darüber im Klaren sein, dass Bereiche, die er von der Vollmacht ausklammert, eine Betreuerbestellung erforderlich machen, wenn Rechtsgeschäfte in diesem Bereich getätigt werden müssen. Eine Vollmacht für die Gesundheitssorge kann die gesamte Heilbehandlung, den Abbruch einer solchen Behandlung sowie den Bereich der Sterbehilfe betreffen.

Die Vollmacht ist grundsätzlich formlos. Die Schriftform ist allerdings erforderlich, wenn die Vollmacht sich auch auf bestimmte ärztliche, freiheitsentziehende und unterbringungsähnliche Maßnahmen erstrecken soll (vgl. § 1820 Abs. 2 BGB). Eine lediglich mündlich oder auch nur schriftlich erteilte Vollmacht ist jedoch in weiten Bereichen (insbesondere solchen von besonderer Bedeutung) wertlos, da sie zum Beispiel - wie bereits oben ausgeführt - vom Grundbuchamt und in der Regel auch von Banken nicht anerkannt wird. In jedem Falle ist es besser, die Vollmacht beurkunden zu lassen, denn bei einer reinen Unterschriftsbeglaubigung prüft der Notar die Geschäftsfähigkeit des Unterschreibenden nur dann, wenn sich Bedenken aufdrängen. Bei einer beurkundeten Vollmacht ist der Notar stets verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit zu prüfen, so dass es zumindest sehr schwierig ist, die Wirksamkeit der Vollmacht deshalb anzuzweifeln, weil man Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt der Erteilung haben könnte.

Die sogenannte Vorsorgevollmacht bietet folgende Vorteile:

  • Ein Betreuer darf grundsätzlich nicht bestellt werden: Dem Grundsatz der Erforderlichkeit entsprechend, ist in §§ 1814 Abs. 3, 1816 Abs. 6 BGB ausdrücklich erwähnt, dass eine Betreuung dann nicht angeordnet werden darf, wenn ein Bevollmächtigter die Angelegenheiten regelt. Der Bevollmächtigte darf allerdings in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu einem Träger von Einrichtungen oder Diensten stehen, der in der Versorgung des Vollmachtgebers tätig ist.
  • Ein Bevollmächtigter benötigt grundsätzlich nicht die Genehmigung des Betreuungsgerichtes, und zwar auch dann nicht, wenn ein Betreuer für dasselbe Geschäft die Genehmigung des Betreuungsgerichtes einholen müsste (Ausnahmen: §§ 1829 ff. BGB: bestimmte ärztliche, freiheitsentziehende und unterbringungsähnliche Maßnahmen).
  • Außenstehende Dritte erfahren nichts von der Gebrechlichkeit, da es für die Erteilung einer Vollmacht eben nicht erforderlich ist, dass man die eigenen Angelegenheiten nicht mehr regeln kann (die Vollmacht ist insoweit „neutral“).
  • Eine gerichtliche Anhörung findet nicht statt; ein Sachverständigengutachten über die Erforderlichkeit einer Betreuung muss nicht eingeholt werden.

Es darf allerdings auch nicht verschwiegen werden, dass die Vorsorgevollmacht erhebliche Nachteile haben kann:

Das Hauptproblem besteht in der Missbrauchsgefahr. Ein umfassend Bevollmächtigter kann natürlich „Haus und Hof“ veräußern. Oftmals ist es zu spät, wenn man hiervon erfährt. Der Bevollmächtigte unterliegt in der Regel auch nicht der Kontrolle durch das Betreuungsgericht. Selbstverständlich kann man die Missbrauchsgefahr dadurch eindämmen, dass man zwei Personen zu Bevollmächtigten benennt, die nur gemeinschaftlich handeln dürfen. Allerdings dürfte es oftmals schwierig sein, beide Personen zum gleichzeitigen Handeln zu bewegen. In der Literatur wird teilweise empfohlen, zwei Bevollmächtigte zu benennen, die im Außenverhältnis alleinvertretungsberechtigt sind und im Innenverhältnis angewiesen werden, den jeweils anderen Bevollmächtigten zu überwachen.

Oftmals wird an mich der Wunsch herangetragen, in die Vollmacht aufzunehmen, dass sie erst dann gelten soll, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr selbst handeln kann. Eine solche Einschränkung ist nach wohl ganz überwiegender Meinung durchaus möglich; sie entwertet die Vollmacht aber faktisch, denn eine dritte Person, mit der ein Geschäft geschlossen werden soll, kann naturgemäß nicht prüfen, ob der Vollmachtgeber auch noch selbst tätig werden könnte. In der Praxis haben sich solche Einschränkungen im Außenverhältnis daher nicht bewährt. Hiervon strikt zu unterscheiden ist jedoch ein anderer Bereich: Selbstverständlich kann ich im Innenverhältnis (ohne dass dies in der Vollmacht erwähnt wird) mit meinem Vertrauten vereinbaren, dass dieser die Vollmacht nur dann verwenden darf, wenn hierzu auch Bedarf besteht. Es ist dabei jedoch zu beachten, dass ein Geschäft, welches der Bevollmächtigte tätigt, grundsätzlich wirksam ist, auch wenn er hierbei gegen die Weisungen des Vollmachtgebers verstößt (Fälle, in denen der Bevollmächtigte mit dem Vertragspartner in böswilliger Weise zusammenarbeitet, sollen an dieser Stelle ausgeklammert bleiben).

Die Hinterlegung der Vollmacht beim Notar oder bei anderen Personen ist problematisch, weil weder der Notar noch andere Personen zuverlässig beurteilen können, ob Bedarf für die Aushändigung der Vollmacht besteht. Häufig wird empfohlen, dass die Ausfertigung der Vollmacht an den Vollmachtgeber übersandt werden soll. Ich will an dieser Stelle nicht verhehlen, dass gegen diese Verfahrensweise rechtliche Bedenken bestehen. Die Vollmacht ist eine zugangsbedürftige Willenserklärung. Wird sie erst im Zustand der Geschäftsunfähigkeit erteilt oder nimmt der Bevollmächtigte sie sich einfach, so liegt keine wirksame Bevollmächtigung vor. Möglicherweise kann man sich an dieser Stelle praktisch helfen, indem man die Vollmacht im Zustand der Geschäftsfähigkeit erteilt, zum Beispiel durch Übergabe der Ausfertigung der Vollmachtsurkunde, und sich danach die Ausfertigung wieder zurückgeben lässt. In diesem Falle wäre die Vollmacht erteilt, der Bevollmächtigte könnte ihre Erteilung jedoch nicht beweisen, weil er nicht im Besitz der Ausfertigung ist. Gleichwohl ist auch dieses Verfahren mit Risiken verbunden, denn tatsächlich wäre diese Vollmacht erteilt und könnte nur nicht ohne weiteres bewiesen werden.

Ein weiteres Problem der Vorsorgevollmacht besteht darin, dass es keine so genannte verdrängende Vollmacht gibt. Trotz der Vollmachtserteilung bleibt natürlich der Vollmachtgeber voll handlungsfähig (Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt). Ein ähnliches Institut, wie es die Betreuung mit dem sogenannten Einwilligungsvorbehalt kennt, gibt es bei der Vollmacht nicht. Trotz Erteilung einer Vorsorgevollmacht muss daher ein Betreuer bestellt werden, wenn das Gericht es für nötig hält, einen sogenannten Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1825 BGB anzuordnen, was allerdings nur dann möglich ist, wenn erhebliche Gefahr für Person oder Vermögen des Betroffenen besteht.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine Überprüfung alter Vollmachten, die vor dem in Kraft treten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes am 01.01.1999 erteilt wurden, erforderlich ist, denn die §§ 1820 Abs. 2, 1829, 1831 und 1832 BGB führen nunmehr bestimmte Punkte auf, die ausdrücklich in der Vollmacht enthalten sein müssen, damit die Vollmacht alle Bereiche der Gesundheitssorge abdeckt. In älteren Vollmachten können diese Punkte naturgemäß nicht ausdrücklich aufgeführt sein. Gleiches gilt für Vollmachten, die vor dem in Kraft treten des 3.  Betreuungsrechtsänderungsgesetzes am 01.09.2009 erteilt wurden: Die Nichteinwilligung oder der Widerruf einer Einwilligung in eine Untersuchung des Gesundheitszustandes, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff ist von solchen Vollmachten nur dann erfasst, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist.

Ebenfalls nicht ganz vollständig können Vollmachten sein, die vor dem 19.02.2013 erteilt wurden: Mit Wirkung zu diesem Tag hat der Gesetzgeber die Anforderungen an eine Vollmacht verschärft, wenn diese Vollmacht auch Zustimmungen zu ärztlichen Maßnahmen abdecken soll, die dem natürlichen Willen des Vollmachtgebers widersprechen. Die ursprüngliche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 26.07.2016 für verfassungswidrig erklärt. Auf diese Entscheidung hat der Gesetzgeber mit dem „Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der Betreuten“ reagiert, welches am 22.07.2017 in Kraft getreten ist. Vor diesem Datum erteilte Vollmachten sollten ebenfalls überprüft werden.

Vorsorgevollmachten können beim zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (vgl. §§ 78 a f. BNotO) registriert werden.

Selbstverständlich kann eine Vorsorgevollmacht auch mit einer Patientenverfügung und/oder einer Betreuungsverfügung kombiniert werden.

 

 

Notar Michael König • 51143 Köln-Porz • Bahnhofstr. 44 • Tel. 02203/955480 • Fax 02203/9554850 • info@notar-koenig.de